Neu asphaltierte B72/B210 - Mentalitätswechsel

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31. März 2024

LuMA fordert Mentalitätswechsel im Verkehr

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Pressemitteilung

Aurich, den 1. April 2024

Unfallbilanz 2023:
LuMA fordert Mentalitätswechsel im Verkehr

„19-jähriger Autofahrer stirbt bei Unfall“, „Drei Menschen bei Verkehrsunfall schwer verletzt“, „Frontalkollision mit zwei Toten“. So etwas lesen wir täglich in der Lokalzeitung und haben uns offenbar an solche Überschriften schon gewöhnt: Das Risiko, bei einem Verkehrsunfall zu Schaden zu kommen ist auch in Ostfriesland groß. Dennoch nehmen wir das tägliche Gemetzel auf unseren Straßen als Gesellschaft eher achselzuckend hin – solange wir nicht selbst betroffen sind oder jemand aus der Familie oder dem engeren Freundeskreis.

Dabei sterben jeden Tag acht Menschen auf Deutschlands Straßen und 1.000 werden verletzt.
Die Initiative Lebensqualität und Mobilität für Aurich (LuMA) fordert ein Umdenken.

Im vergangenen Jahr gab es in Deutschland mehr als 2,5 Mio. polizeilich erfasste Verkehrsunfälle (+ 4,5%). Bei rund 290.000 Unfällen gab es Tote oder Verletzte – ein Anstieg zum Vorjahr. Insgesamt starben bei Straßenverkehrsunfällen 2.817 Menschen, 52.465 wurden schwer und 311.196 leicht verletzt. Das sind insgesamt 29 Tote und 2.527 Verletzte mehr als im Vorjahr.

Jeder einzelne Unfall, jeder verletzte oder getötete Mensch, ist ein individuelles Drama, für ihn persönlich, aber auch für die Familien. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) hat in einer Studie festgestellt, dass vom Unfalltod eines einzelnen Menschen durchschnittlich 113 weitere Personen erheblich belastet werden: Die Familie des Opfers, aber auch Rettungskräfte, Sanitäter, Notfallseelsorger*innen, Ärzte und natürlich auch der/die Unfallgegner.

444 getötete Radfahrer*innen, 432 getötete Fußgänger*innen

Die mit Abstand meisten tödlich Verunglückten saßen in einem PKW (1.183). Die zweitgrößte Gruppe der tödlich Verunglückten waren Motorradfahrende (493). Es kamen 444 Radfahrende ums Leben, 30 weniger als im Vorjahr, und 432 Zufußgehende (erheblicher Anstieg um 64). 20 der Getöteten waren mit einem Elektrokleinstfahrzeug unterwegs (z.B. E-Scooter).
Bei den Verletzten liegen wiederum PKW-Insassen vorn (177.582 Verletzte), gefolgt von Radfahrenden (94.117) und Zufußgehenden (28.048)

Für 67% der Unfälle sind PKW und LKW hauptverantwortlich

Fahrerinnen und Fahrer von PKWs waren für 62% aller Unfälle mit Personenschaden hauptverantwortlich. Bei knapp 18% waren es Radfahrende, bei jeweils gut 5% LKW-Fahrende und Motorradfahrende. 2,8% aller Unfälle mit Personenschaden wurden von Fußgänger*innen hauptverursacht, 2,1% von Elektrokleinstfahrzeug-Nutzenden.

In Niedersachsen stieg die Zahl der polizeilich erfassten Verkehrsunfälle um 4% und die der dabei getöteten Menschen sogar um 56%. Generell liegt Niedersachsen mit 52 Getöteten je 1 Mio. Einwohner in Sachen Risiko an 2. Stelle unter den Bundesländern. Nur in Sachsen-Anhalt (59/Mio.) ist die Bilanz noch schlechter.

Neue Studie macht Mut. Aber werden die Erkenntnisse auch umgesetzt?

Eine neue Studie im Auftrag des Verkehrsministeriums von Baden-Württemberg zeigt nun, dass eine deutliche Reduktion schwerer Unfälle durch eine verbesserte Infrastruktur und angepasste Verkehrsregeln realisierbar ist. Die Studie gibt konkrete Hinweise, wie eine Reduktion der Verkehrstoten um 60% und der Verletzten um 40% bis 2030 erreicht werden kann. https://www.aktivmobil-bw.de/aktuelles/news/auf-dem-weg-zur-vision-zero/vom/13/3/2024

In Ostfriesland sind Verkehrsunfälle besonders folgenschwer, weil es hier viele Landstraßen gibt, auf denen mit hoher Geschwindigkeit gefahren wird. Die Unfallhäufigkeit ist hier im Verhältnis zur Bevölkerungszahl überdurchschnittlich hoch. Und überhöhte Geschwindigkeit ist bei tödlichen Verkehrsunfällen die Unfallursache Nr. 1.

Für jeden einzelnen Unfall gibt es einen spezifischen Hergang. Die Statistik erfasst aber auch Häufungen von Unfallursachen, die aufhorchen lassen, weil sie seit vielen Jahren die gleichen sind. Dazu gehören Fehler beim Abbiegen, Missachtung der Vorfahrt, zu geringer Sicherheitsabstand und das Fahren mit zu hoher Geschwindigkeit. Es ist offenkundig, dass diese sich ständig wiederholenden Fehler in einem Zusammenhang mit unseren Grundeinstellungen zum Verkehr stehen.
Deshalb fordert die LuMA eine gründliche Debatte über die Mentalität, die wir als Gesellschaft zum Thema Verkehr verinnerlicht haben.

Zur gesellschaftlichen Verkehrsmentalität, die das Ergebnis der Verkehrspolitik vieler Jahrzehnte ist, gehört z.B. eine Hierarchie der Wichtigkeiten. Mehrheitlich sind wir so geprägt, dass der Kfz-Verkehr wichtiger ist als beispielsweise der Fuß- und Radverkehr. Das spiegelt sich auch in der Platzverteilung wider: Die Breite von Fahrbahnen werden kaum hinterfragt, und für den Rad- oder Fußverkehr ist eben „leider nicht mehr genügend Platz vorhanden“.


Jede Menge Verkehrsraum für Autos in Aurich…

Weiterhin ist es allgemeiner Glaube, dass es immer schnell gehen muss. Die „Flüssigkeit des Verkehrs“ steht hierzulande sogar als oberstes Ziel im gültigen Straßenverkehrsgesetz. Deutschland ist das einzige europäische Land ohne Tempolimit auf Autobahnen und um jede Geschwindigkeitsreduzierung innerorts oder auf Landstraßen gibt es erbitterte Auseinandersetzungen. Bei dieser Gemengelage wundert es nicht, dass ein zu schnelles Fahren (z.B. 40km/h in Tempo-30 Zonen oder 60km/h auf innerörtlichen Straßen) als „normal“ gilt und kaum jemand deshalb ein „schlechtes Gewissen“ hat. Polizeiliche Geschwindigkeitskontrollen werden vielfach nicht als Maßnahmen zur Verkehrssicherheit, sondern als „Abzocke“ empfunden. Tempolimits auf Landstraßen oder Überholverbote werden regelmäßig ignoriert.

Die LuMA Aurich fordert einen grundlegenden Mentalitätswechsel im Verkehr.
Voraussetzung dafür ist eine ehrliche gesellschaftliche Debatte. Ostfriesland ist in besonderer Weise von folgenschweren Verkehrsunfällen betroffen. Deshalb sollte diese notwendige Debatte, wie die Anzahl von Verkehrsunfällen verringert und die Folgenschwere vermindert werden kann, auch und gerade hier geführt werden. Es ist ein Thema um gesellschaftliche Werte, das in die breite Öffentlichkeit gehört.

Quellen:
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Verkehrsunfaelle/Tabellen/verletzte-fahrzeugart.html.
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Verkehrsunfaelle/Tabellen/hauptverursacher-fahrzeugart.html
https://www.runtervomgas.de/ratgeber-und-service/unfallursachen/die-haeufigsten-unfallursachen/

Über den Autor oder der Autorin

Albert Herresthal

Albert Herresthal

Seit 30 Jahren in der Fahrradbranche aktiv: Fachhändler, Unternehmensberater, Journalist, Fachbuchautor, Verbandsvorstand und Geschäftsführer. Aktueller Schwerpunkt meiner freiberuflichen Arbeit: Public Affairs und Radverkehrspolitik sowie Beratung von Bundes- und Landesministerien.
Albert Herresthal

Albert Herresthal

Seit 30 Jahren in der Fahrradbranche aktiv: Fachhändler, Unternehmensberater, Journalist, Fachbuchautor, Verbandsvorstand und Geschäftsführer. Aktueller Schwerpunkt meiner freiberuflichen Arbeit: Public Affairs und Radverkehrspolitik sowie Beratung von Bundes- und Landesministerien.

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